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Strompreisentwicklung in Deutschland - wann wird Strom wieder günstiger?
Warum ist der Strompreis aktuell so teuer?
Es ist mittlerweile Sommer 2023 und das bedeutet auch „Halbzeit in der Energiewende“. Im Jahr 2022 wurden bereits 46 % des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen, aber trotzdem steigen die Strompreise weiterhin. Viele vermissen klare Antworten und jeder möchte gerne wissen, was wird weiterhin passieren? Wird der Strom noch teurer oder wird es irgendwann auch mal wieder günstiger? In unsere Blogbeitrag gehen wir darauf ein, wie Strom am Strommarkt gehandelt wird und wie es zum Strompreisanstieg in den letzten Jahren kam.
Wie wird Strom auf dem Strommarkt gehandelt?
Der Strom wird am europäischen Strommarkt an der Börse gehandelt. Es gibt einen integrierten europäischen Strommarkt, der es den Ländern ermöglicht, Strom grenzüberschreitend zu handeln und zu transportieren. Diese Plattform wird als European Power Exchange (kurz: EPEX SPOT) bezeichnet und ist einer der wichtigsten Handelsplätze für den Spotmarkt (Day-Ahead-Markt) in Europa.
Energieerzeuger und -händler können an der deutschen Strombörse EPEX SPOT in Deutschland Angebote einstellen, während Stromabnehmer ihre Nachfrage anmelden. Die Stromversorger kaufen den Strom in der Regel ein Jahr im Voraus ein. Daher werden die Verbraucherpreise üblicherweise über ein ganzes Jahr festgelegt. Wenn es innerhalb des Jahres zu unvorhergesehenen Strompreissteigerungen kommt, kann dies zu Problemen für den Anbieter führen.
Der Strompreis auf den Märkten kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, wie zum Beispiel Veränderungen in der Nachfrage, Angebot von erneuerbaren Energien, Brennstoffpreise, politische Entscheidungen, Klimaauswirkungen usw. Diese Faktoren können sich im Laufe des Jahres ändern und zu Preisvolatilitäten führen.
Wenn die Strompreise auf dem Markt steigen, während der Stromversorger bereits langfristige Verträge zu niedrigeren Preisen abgeschlossen hat, kann dies zu einer Diskrepanz zwischen den Einkaufskosten des Stromversorgers und dem festgelegten Verbraucherpreis führen. In diesem Fall kann der Stromversorger entweder die Differenz aus eigenen Ressourcen ausgleichen, was möglicherweise zu Verlusten führt, oder er kann versuchen, die erhöhten Kosten auf die Verbraucher umzulegen, was zu höheren Strompreisen für die Kunden führen kann.
Wie sieht die Strompreisentwiclung der letzten 10 Jahre aus?
Es gibt viele Gründe, die sich auf die Preisentwicklung auswirken, wie steigende Kosten für fossile Brennstoffe, erhöhte CO₂-Preise, Knappheit von erneuerbaren Energien, gefüllte Speicher, ungewöhnlich milde Witterungsbestände, geopolitische Faktoren usw. All diese Gründe spiegeln sich in Schwankungen an der Börse wider. Der Strompreis an der Börse schwankt täglich recht erheblich und je nach Bedarf werden Erzeuger hoch- oder runtergefahren. Schwankungen entstehen, wenn beispielsweise zu viel oder zu wenig erneuerbare Energie zur Verfügung steht – zum Beispiel, wenn der Wind zu stark oder zu schwach weht. In jedem Fall muss der Bedarf gedeckt werden.
In den letzten zehn Jahren sind die Strompreise jedoch um mehr als 60 % gestiegen, wobei der Anstieg nicht gleichmäßig erfolgt ist. Allein in den letzten zwei Jahren ist ein drastischer Anstieg von 43 % zu erkennen (siehe Abbildung 1).
Von 2014 bis 2019 sind die Strompreise stabil geblieben. Der massive Anstieg ist lediglich in den letzten drei Jahren zu verzeichnen. Den größten Einfluss auf die Strompreisentwicklung 2023 haben die Börsenstrompreise. Durch den Ukraine-Krieg sind die Gaspreise extrem gestiegen, was wiederrum ein Grund für den Anstieg der Strompreise ist.
Übrigens hängen die hohen Strompreise auch damit zusammen, weil wir den Preis der verschleppten Energiewende bezahlen und die fossilen Energien die Preise nach oben treiben. Wenn wir weniger auf Gas und Kohle angewiesen wären, könnten die Strompreise auch wieder sinken. Je mehr wir auf erneuerbare Energien umsteigen, desto eher können wir langfristig mit günstigeren Preisen rechnen.
Warum hat der Gasmarkt einen so großen Einfluss auf die Strompreisentwicklung?
Der Anstieg der Gaspreise hat Auswirkungen auf die Kosten der Stromerzeugung in Gaskraftwerken. Gaskraftwerke machen aber nur ca. 9 % der Stromerzeugung aus. Wie also kann es dazu kommen, dass der Strompreis dadurch so massiv beeinflusst wird?
Der eigentliche Grund für die extremen Preisschwankungen am Strommarkt liegt im Merit-Order-Verfahren, das die Strompreise im Stromgroßhandel bestimmt. Laut diesem Verfahren setzt das Kraftwerk mit den höchsten Erzeugerkosten, das noch benötigt wird, um den aktuellen Strombedarf zu decken, den Strompreis fest. Interessanterweise erhalten alle anderen Anbieter, unabhängig davon, ob es sich um Kohle-, Atom- oder Ökostrom handelt, denselben Preis, obwohl sie den Strom möglicherweise kostengünstiger produzieren könnten. Diese Regelung führt zu den aktuellen hohen Strompreisen.
Das Merit-Order-Prinzip: Wir erklären es nochmal genauer.
Das Merit-Order-Prinzip ist ein fundamentales Konzept im Strommarkt, das die Reihenfolge der Stromerzeuger bestimmt. Die Reihenfolge wird an den variablen Produktionskosten festgemacht. Die günstigen Stromerzeuger dürfen zuerst liefern und wenn der Bedarf steigt, kommen nach und nach die teuren dazu.
Das Gute daran ist, dass das Prinzip die Nutzung kostengünstiger Stromerzeugung fördert. Zum Beispiel haben erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenkraft oft die Nase vorn, weil sie nicht so teuer sind. Was wiederrum einen positiven Effekt auf unsere Umwelt hat und eine nachhaltige und kostengünstigere Energieerzeugung unterstützt.
Aber hier liegt der entscheidende Punkt: Der endgültige Strompreis wird maßgeblich von den variablen Produktionskosten des teuersten Kraftwerks bestimmt, das noch in Betrieb ist. Dies kann als Herausforderung betrachtet werden, da der Preis, den dieses teurere Kraftwerk verlangt, von allen Verbrauchern getragen werden muss, wenn es gebraucht wird.
Insgesamt ist das Merit-Order-Prinzip ein wesentlicher Baustein für einen funktionierenden Strommarkt, der eine kostengünstige und nachhaltige Energieversorgung ermöglicht. Durch die Beachtung dieses Prinzips kann die Bundesregierung die Weichen für eine zukunftsfähige und umweltfreundliche Energiepolitik stellen, die sowohl den Verbraucher*innen als auch der Umwelt zugutekommt.
Inwiefern hat die Bundesregierung Einfluss auf die hohen Energiekosten?
Die hohen Energiekosten stellen eine erhebliche Belastung für die Bevölkerung dar, weshalb die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen hat, um diesem Problem entgegenzuwirken. Seit Januar 2023 wurde die Gas- und Strompreisbremse für alle Bürger*innen eingeführt. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, die stark gestiegenen Energiepreise zu stabilisieren und die finanzielle Belastung für die Verbraucher*innen zu reduzieren.
Die Gas- und Strompreisbremse sieht vor, dass die Anstiege der Gas- und Strompreise für einen bestimmten Zeitraum begrenzt werden. Dadurch sollen drastische Preissprünge vermieden und die Verbraucher*innen vor unverhältnismäßig hohen Kosten geschützt werden. Allerdings haben Experten*innen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Maßnahme geäußert, insbesondere für einkommensschwache Haushalte.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Gas- und Strompreisbremse keine allgemeine Lösung für das Problem der hohen Energiekosten darstellt. Sie kann zwar kurzfristig eine gewisse Entlastung bieten, aber langfristig müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Energiepreise langfristig zu stabilisieren und für alle Bevölkerungsschichten tragbar zu machen.
Daher ist es als langfristige Strategie wichtig, die Energiewende voranzutreiben und somit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Dies würde nicht nur die Umweltbelastung verringern, sondern auch langfristig zu einer Entlastung der Energiekosten führen.
Fazit
Es liegt im Interesse aller, die Energiewende voranzutreiben und auf eine nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung hinzuarbeiten. Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist spürbar und die Lösung liegt vermehrt auf den Einsatz von erneuerbaren Energien, um eine Unabhängigkeit zu schaffen. Zudem wäre es wünschenswert, wenn unsere Bundesregierung stetig ein Auge auf das Merit-Order-Prinzip hätte, um sicherzustellen, dass der Strommarkt effizient und fair funktioniert. Indem die Bundesregierung die Umsetzung des Prinzips überwacht, kann die Regierung sicherstellen, dass die Stromerzeuger nach ihren variablen Produktionskosten eingesetzt werden und die Strompreise stabil gehalten werden.
In unserem nächsten Blogbeitrag gehen wir weiter auf das Thema ein und beleuchten die langfristige Strompreisentwicklung in Deutschland und ob und welchen Einfluss der Klimawandel auf die erneuerbaren Energien hat?
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